SPD Althengstett/Simmozheim

Chancen nutzen! - zum Haushaltsplan 2011 der Gemeinde Althengstett

Veröffentlicht am 12.04.2011 in Kommunalpolitik

In seiner Haushaltsrede ging Gemeinderat Lothar Kante auf die schwierigen Rahmenbedingungen ein, die sich aus der demografischen Entwicklung für Althengstett ergeben. Um die absehbaren Folgen zu mildern, müssen die Standortfaktoren weiter ausgebaut werden. Handlungsbedarf bestehe unter anderem im Bereich der Kinderbetreuung.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr.Götz,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte auf einige Punkte eingehen, die mir im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Haushaltsplanes wichtig erscheinen.

Allgemeine Situation

In der letzten Klausursitzung hatten wir uns mit dem Thema „Demografische Entwicklung“ befasst. Die amtliche Prognose lautet: Der ländliche Raum wird massiv Einwohner verlieren, Metropolbereiche werden eher wachsen. Für den Kreis Calw ist dies bereits Wirklichkeit. Er verliert jedes Jahr um die 900 Einwohner. Die Gemeinde Althengstett wird es auch noch überproportional treffen - wenn wir nichts dagegen tun.

Während der Klausur wurde gefragt, wie hoch denn die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Prognosen sei. Also, was hatte denn das statistische Landesamt über Althengstett im Jahr 2011 vor Jahren orakelt. Das wusste niemand. Ich habe nachgesehen: Das Statistische Landesamt hatte im Jahr 2008 vorhergesagt, dass Althengstett heute über 8200 EW haben wird. Tatsächlich liegen wir heute bereits weniger als 8000 Einwohner, d.h. die Wirklichkeit ist schlimmer als die Prognose. Und es sind vor allem die Jungen die fehlen.

Nach der Klausur hatte uns Herr Staatsekretär Fuchtel besucht. Er hat eindringlich auf die Folgen der demografischen Entwicklung hingewiesen. Herr Fuchtel sagte den richtigen Satz: „Die Entwicklung der Fakten ist oftmals schneller als die Entwicklung in den Köpfen“.

Und er hat einige Lösungsansätze genannt, mit denen sich die Kommunen beschäftigen sollten: Unter anderem forderte er
- die Schaffung lebendiger Ortskerne,
- Investitionen in die Bildung
- und: man müsse dafür sorgen, dass Frauen „Familie und Beruf“ besser vereinbaren können.
Meine Damen und Herren, besser hätte ich als SPD-Mitglied es auch nicht sagen können.

Worauf ich damit hinweisen will: Althengstett befindet sich an der Schnittstelle zwischen dem ländlichen Raum des Schwarzwalds und der Metropolregion Stuttgart/Böblingen/Sindelfingen. Dadurch sind wir einer schwierigen kommunalen Konkurrenzsituation ausgesetzt. Die Nähe zu der Metropolregion bietet aber auch Chancen, die wir nutzen müssen.

Dazu müssen wir den Menschen triftige Gründe anbieten, warum sie sich für Althengstett als Wohnort entscheiden sollen. Wir müssen die Standortfaktoren die wir haben, weiterentwickeln, damit Althengstett für junge Familien attraktiv bleibt. Dazu ist ein Bündel von Maßnahmen nötig:
• gute Verkehrsanbindung, Baugebiete, ein schnelles Datennetz, Nahversorgung,
• gutes Soziales Umfeld, sprich Vereinskultur
und vor allem
• und eine qualitativ anständige Kinderbetreuung
• die sich dann fortsetzt in ordentlich ausgestattete Schulen mit Ganztagesbetreuung

Das sind die Faktoren, nach denen die Menschen fragen, wenn sie einen Wohnort suchen. Danach fragen auch verstärkt auch die Firmen, wenn sie Standorte für ihren Betrieb auswählen, weil sie ja auf gute Mitarbeiter angewiesen sind. Diese Themen müssen sich folglich auch im Haushaltsplan widerspiegeln. An einigen Themen sind wir ja auch bereits dran, mehr oder weniger.

Kurz zu den Eckdaten des Haushalts

Bei dem Plan 2011 ist die Welt wieder ein bisschen mehr in Ordnung als im Vorjahr. Diesmal wird im Verwaltungshaushalt wieder etwas erwirtschaftet, das dann dem Vermögenshaushalt zugeführt werden kann. Mit 1,5 Mio es handelt sich mit sogar um eine stattliches Sümmchen. Letztes Jahr hatte noch war das noch umgekehrt der Fall. Erfreulich auch: die Rücklagen konnten wieder etwas aufgestockt werden.

Allerdings: An die spärliche Gewerbesteuer werden wir uns jetzt wohl dauerhaft gewöhnen müssen. Wir sollten genau darauf achten, für was wir unsere letzten zu Verfügung stehenden freien Gewerbeflächen hergeben.

Bei genauer Betrachtung kommt der ausgeglichene Haushalt auch nur deshalb zustande, weil wir Schlüsselzuweisung nach mangelnder Steuerkraft bekommen haben. Immerhin ist dies mit 1,7 Mio Euro der zweithöchste steuerliche Einnahmeblockbetrag im Haushalt. Spannend wird es, wenn dieser Anteil im nächsten Jahr nicht mehr reinkommt.

Projekte

Es ist in vielen Projekten investiert worden. Einiges läuft noch, die nächsten stehen an. Bei der Sanierung des Hallenbadrestaurants hatten sich die Kosten verselbstständigt. Das ist ärgerlich, und sollte nicht passieren. Ich möchte die Gründe nicht an dieser Stelle nicht weiter vertiefen. Die Verwaltung hat uns zukünftig zeitnahe Information zugesagt, wir werden darauf achten. Fairerweise muss man aber sagen, dass die Planzahlen bei den zahlreichen übrigen Projekten gut bis sehr gut eingehalten worden sind.

Gute Verkehrsanbindung

Die Bahnverbindung Calw - Stuttgart ist offensichtlich ein schwieriges Vorhaben. Es ist aber nicht nur für die Entwicklung von Althengstett wichtig. Als Gemeinde müssen wir über den Tellerrand hinausschauen und auch die Bedeutung dieses Themas für den Kreis im Auge haben. Althengstett würde selbst erheblich von der Schienenanbindung profitieren. Wir müssen uns deshalb eindeutig positionieren und klare Signale aussenden. Es war deshalb richtig, dass die Gemeinde Althengstett, für die Planungskosten einen Betrag in den Haushalt eingeplant hat. Nur - und das sei an die Adresse des Kreises gerichtet - außer Planung muss langsam auch mal etwas Konkretes zurückkommen.

Eigenbetriebe Abwasser / Wasser

Die Auslagerung des Abwassers als Eigenbetrieb hat sich als richtiger Weg erwiesen, weil wir nun flexiblere Möglichkeiten haben, den Haushalt sauber zu steuern. Der Kostendeckungsgrad bei Wasser und Abwasser wurde verbessert. Das hängt mit den durchgeführten Gebührenerhöhungen zusammen, aber auch mit Optimierungsmaßnahmen etwa im Energieverbrauch der Kläranlage. Trotzdem sind wir mit der Kostendeckung immer noch nicht dort, wo wir hin müssen. Die GPA hat die seit vielen Jahren dauernde Unterdeckung zu Recht moniert. Ohne Kostendeckung können wir auch keine Fördergelder für Investitionen beantragen.

Bei einer Deckungslücke von rund einer viertel Million Euro im Abwasserbereich muss man kein Prophet sein, wenn man vorhersagt, dass beim Thema „Gebühren“ das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Vereinsförderung

Eine gute Vereinskultur trägt wesentlich zur Attraktivität der Gemeinde bei, ist also ein Standortfaktor. Im Haushalt sind deshalb wieder umfangreiche Positionen zur Vereinsförderung enthalten, um dort zu helfen, wo die Vereine alleine sonst überfordert wären. Auf ein Projekt möchte ich seiner Größe eingehen wegen:

Die drei örtlichen Fußballvereine planen gemeinsam einen Kunstrasen zu bauen. In der mittelfristigen Finanzplanung ist nun für 2014 erstmals dafür ein größerer Betrag in Aussicht gestellt worden. Mit dem Kunstrasen sollen die Trainingsmöglichkeiten verbessert werden, die Vereinsarbeit wird qualitativ aufgewertet, die Motivation der Aktiven erhöht. Es handelt sich um ein Teilort-übergreifendes Gemeinschaftsprojekt, mit hohem Anteil an Eigenleistungsanteil. Dies sind aus meiner Sicht gute Gründe, dieses Vorhaben zu fördern.

Trotzdem sind Fragen, etwa zu den Folgekosten, Fragen zur praktischen Organisation im Betrieb usw. noch nicht hinreichend geklärt. Dies muss mit den Vereinen hier im Gremium offen zu diskutiert werden.
Schließlich stehen in dem Zeitraum noch mehr wichtige Baustellen an, etwa die Sanierung der Sporthalle, um das Teuerste zu nennen.

Kinderbetreuung

Zum Abschluss das Thema „qualifizierte Kinderbetreuung“. Im letzten Jahr hatte ein GR-Beschluss ganz bestimmt nicht zur Attraktivität unsere Gemeinde beigetragen, nämlich die Umstellung auf einkommensabhängige Gebühren für die Kleinkindbetreuung. Diese Umstellung hat dazu geführt, dass Kinder abgemeldet werden mussten, weil es Eltern gab, die plötzlich soviel bezahlen mussten, dass sie sich die Kleinkindbetreuung nicht mehr leisten konnten.

Eine schon fest geplante Gruppe kam wegen Abmeldungen nicht mehr zustande, was dann auch zu Organisatorischen Verwerfungen geführt hat.
Vor allem haben wir den Kindern keinen Gefallen getan, denen der Besuch der Kleinkindbetreuung gut getan hat.
Der Fall sollte uns mahnen, die Basis unserer Beschlüsse zukünftig kritischer zu hinterfragen und die möglichen Folgen im Blick zu haben.
Wir werden diese Gebührenregelung heute hoffentlich korrigieren, sie steht ja auch auf der Tagesordnung.

In den Diskussionen über die Kinderbetreuung bekommt man manchmal den Eindruck, wir würden einen viel zu noblen Standard haben. Das ist nicht so!

Wir hatten zwar stets einen guten Stand, aber personell ist hier auch immer nur knapp am Limit gearbeitet worden. Ob das gefällt oder nicht: Die gesetzlichen Vorgaben sind inzwischen gestiegen und die inhaltlichen Anforderungen auch. Wir müssen aufpassen, dass wir im Vergleich zu anderen Gemeinden nicht abgehängt zu werden. In der Ganztagesbetreuung und im Kleinkindbereich sind wir in Punkto Betreuungsschlüssel im Kreis sicher längst nicht mehr ganz vorne, da gibt es bessere.

Wer einmal die Kindergärten besucht, kann sehen, dass wir in Althengstett gottlob außerordentlich engagierte motivierte Erzieherinnen haben. Dies ist die wesentliche Grundlage für die Qualität unserer Einrichtungen. Es zahlt sich langfristig nicht aus, den Betreuungsschlüssel so lange schön zu rechnen, bis die gesetzlichen Mindeststandards zwar gerade so noch erfüllt werden, in der Praxis sich die Erzieherinnen mit den Kindern nicht mehr intensiv genug beschäftigen können, weil ihnen die Zeit fehlt. Das führt zu Frust, da wollen wir nicht hinkommen.

Einen dringenden Handlungsbedarf zur personellen Aufstockung sehen wir bei der Ganztagesbetreuung, weil diese sehr arbeitsintensiv ist und der Betreuungsschlüssel in diesem Bereich ziemlich auf Kante gestrickt ist.
Die nun eingeplante Aufstockung war absolut erforderlich, geht in die richtige Richtung, sie ist aber auch nur ein Beitrag, der den neuen gesetzlichen Mindestforderungen geschuldet ist.

Nebenbei gesagt, wird es auf dem Arbeitsmarkt immer schwieriger qualifizierte Erzieherinnen zu bekommen, weil im ganzen Land der Bedarf steigt. Die Erzieherinnen haben die Wahl, weniger die Arbeitgeber.

Dank der Kämmerei

Meine Damen und Herren, wie in jedem Jahr ist auch dieser Haushaltplan von vielen Kompromissen und Abwägungen geprägt. Er wird auch Unschärfen enthalten. Es ist die Kunst des Kämmerers, möglichst punktgenaue Annahmen zu treffen, um uns und vor allem sich selbst spätere Diskussionen zu ersparen.

An dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank an Herrn Reichert und seinem Team, das sich mit viel Elan und Wagemut dieser Herausforderung gestellt hat und wieder ein imposantes Werk zum Druck gebracht hat.

Meine Zustimmung zum Haushalt hängt nicht so sehr davon ab, ob mir jedes Detail darin gefällt. Es gibt tatsächlich inhaltliche Punkte, die mich stören, Bereiche wo man mehr hätte machen können. Wichtiger ist mir aber, dass „Das Große Ganze“ in sich stimmig ist, die Schwerpunkte richtig gesetzt sind.

Zum Schluss muss ich noch eine Kritik anbringen. Allen Sparmaßnahmen zum Trotz, aber dieser unpassende Ringbuchrücken, der geht gar nicht. Ich werde dem Haushalt trotzdem zustimmen.

 

Saskia Esken, MdB

Die SPD im Kreis Calw