SPD Althengstett/Simmozheim

Haushaltsrede 2016 für die SPD-Fraktion von Lothar Kante

Veröffentlicht am 01.04.2016 in Kommunalpolitik

In der Gemeinderatssitzung am 21.02.2015 nahm SPD-Fraktionssprecher Lothar Kante zur Situation von Althengstett Stellung und wies auf die starke Erhöhung des Haushaltes hin. "Einnahmen und Ausgaben von 29 Mio. € sprechen für sich. Sie katapultieren uns in eine neue  Haushalts-Liga. Letztes Jahr waren rund 21 Mio. € eingeplant, gegenüber dem Vorjahr haben wir jetzt eine Erhöhung um satte 40%." Er gab aber auch zu Bedenken, dass "mehr als 40 % des Haushaltsvolumens für Investitionen vorgesehen sind, die zum Ziel haben, die Infrastruktur der Teilorte von Althengstett zu erhalten, ihre Familienfreundlichkeit zu stärken sowie im kommunalen Wettbewerb zu bestehen. Diese Investitionen sorgen dafür, dass Althengstett auch in Zukunft eine moderne attraktive Gemeinde bleibt."

Sehr geehrter Herr Dr. Götz, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, meine Damen und Herren,

der Haushalt der heute verabschiedet wird, ist alles andere als Durchschnitt, er ist eine Zäsur. Das habe ich in der Vorbereitung zu den Haushaltsreden zwar fast jedes Jahr gedacht. Aber diesmal ist es wirklich so. Einnahmen und Ausgaben von 29 Mio. € sprechen für sich. Sie katapultieren uns in eine neue  Haushalts-Liga. Letztes Jahr waren rund 21 Mio. € eingeplant, gegenüber dem Vorjahr haben wir jetzt eine Erhöhung um satte 40%. Allein der Vermögenshalt ist mit fast 13 Mio. € eine Dimension, für die wir sonst mehrere Jahre benötigen.
Das Schlechte ist: Von dieser Steigerung muss ein großer Teil durch Kredite gegenfinanziert werden und es ist ein tiefer Griff in die Rücklagen (1,8 Mio. €) nötig. 

Das klingt bedrohlich, ist es auch – aber: Hätte es hierzu eine Alternative für Althengstett gegeben?

Die Antwort lautet: Ja - aber keine, die der Gemeinde wirklich weitergeholfen hätte. Das Sportzentrum z.B. war nur noch aus der Ferne betrachtet intakt. Die Alternative wäre also gewesen, den maroden Zustand so zu belassen und jedes Jahr weiterhin viel Geld für Notreparaturen zu bezahlen, ohne substanziell etwas zu gewinnen.

Wir hätten natürlich auch darauf verzichten können, dringend notwendige Maßnahmen für die Schulen anzugehen:  Mensa, Bibliothek, Mehrzweckräume usw. Dann hätten wir aber auch auf die Ganztagesschulen und andere Angebote verzichten müssen, mit all den Folgen.
Wir hätten auch z.B. das Hallenbad einsparen können, andere Kommunen haben dies getan. Und so sind im Vermögensplan noch eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen aufgelistet, die wir hätten bleiben lassen können. 

Aber wir haben uns aus gutem Grund als Gremium mehrheitlich, oft sogar einstimmig für einen anderen Weg entschieden. Mehr als 40 % des Haushaltsvolumens sind für Investitionen vorgesehen, die zum Ziel haben, die Infrastruktur der Teilorte von Althengstett zu erhalten, ihre Familienfreundlichkeit zu stärken sowie im kommunalen Wettbewerb zu bestehen. Diese Investitionen sorgen dafür, dass Althengstett auch in Zukunft eine moderne attraktive Gemeinde bleibt.

Wir brauchen ein leistungsfähiges Sportzentrum, damit die Schulen und Vereine ihre Arbeit vernünftig machen können. Darum sind beide in diesem Projekt intensiv eingebunden. Bis jetzt läuft alles nach Plan – zumindest nach den uns bekannten Zahlen. An dieser Stelle herzlichen Dank an den begleitenden Bauausschuss, der wirklich einen guten Job macht und natürlich an Herrn Leitz, der den Ausschuss kompetent leitet.

Ein Blick auf die Eckdaten des Haushalts

Zunächst bleibt festzustellen, dass der Haushalt des letzten Jahres erfreulicherweise keine bösen Überraschungen enthält. Im Gegenteil: Die Einnahmen sind deutlich höher als erwartet und die Ausgaben sind in Summe etwas niedriger gewesen als geplant. Auch die Rücklagen mussten nicht vervespert werden. Der Haushalt 2015 wirkt sich so entspannend auf den Haushalt 2016 aus. In diesem Jahr werden wir sogar für die Kreisumlage netto weniger überweisen müssen, wann hat es das schon mal gegeben? Die Zuführung vom Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt ist mit 2 Mio. €  auch sehr beachtlich, das ist mehr als die Kreisstadt Calw erwirtschaften konnte.

Zudem werden sich die Schlüsselzuweisungen, die wir vom Land erhalten (2,3 Mio. €, VJ 1,8 Mio. €), erneut deutlich erhöhen. Für die Gewerbesteuer können eine Million mehr als 2015 eingeplant werden. Wir liegen damit fast wieder auf einem Niveau, wie zu besten Zeiten. Wer hätte das vor wenigen Jahren noch gedacht?

An dieser Stelle eine Nebenbemerkung zu den noch wenigen zu vergebenen Gewerbeflächen, auf die wir noch selbst Einfluss nehmen können: Bei dem Verkauf von Grundstücken sollten wir uns in erster Linie von einer nachhaltigen Strategie leiten lassen. Auch in Zeiten großer Geldbedarfe dürfen wir nicht der Verlockung erliegen, Gewerbeflächen vorschnell zu versilbern. Unser strategisches Ziel sollte sein, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn es darüber hinaus gelingt, Betriebe anzusiedeln, die zuverlässig Gewerbesteuern zahlen, dann haben wir mehr gewonnen, als den Verkaufspreis eines schnellen Grundstückgeschäfts.

Weil die Einnahmen so positiv verlaufen, können wir es uns leisten 2016 die Hebesätze für die Gewerbesteuer, für die Grundsteuern, für Wasser und Abwasser, erneut stabil zu halten. Es ist allerdings abzusehen, dass es mit den Hebesätzen vermutlich auf Dauer so nicht bleiben wird. Niemand hat Interesse, ohne Not an der Gebührenschraube zu drehen. Ich glaube, wir sind mit diesem Instrument bisher auch sehr verantwortlich umgegangen. Man muss aber auch feststellen, dass unsere Hebesätze im landesweiten Vergleich ziemlich moderat sind und die Gemeinde schließlich auch ordentliche Gegenleistungen erbringt. Alles in Allem sieht es also eigentlich gar nicht so schlecht aus.

Schuldenkrise?

Trotzdem reicht das nicht, um die notwendigen Investitionen zu schultern. Wie schon zum letzten Haushalt angekündigt, wird es nun passieren: Althengstett wird im hoheitlichen Bereich einen Kredit von 5 Mio. € aufnehmen. Und hier sind die 2,4 Mio. Euro, die wir voraussichtlich im Folgejahr für die Hessebahn bringen müssen, noch gar nicht dabei.

Über Schulden freut sich niemand, aber andererseits ist eine Kreditaufnahme auch kein Grund zum Verzweifeln: Mit der Pro–Kopfverschuldung (640€/EW) liegen wir dann immer noch unterm Kreisdurchschnitt (2014: 820€/EW). Wir hätten auch nichts davon, wenn wir uns ins warme Bett der Schuldenfreiheit kuscheln, uns dann aber wundern, wenn es durchs Dach reinregnet, weil wir für dessen Erhalt Nichts investieren wollten.

Ein Kredit ist keine Schande, sondern ein Mittel, um handlungsfähig zu bleiben. Insbesondere wenn die Möglichkeit besteht, Geldmittel für fast Null Zinsen zu erhalten, dann ist die Kreditaufnahme nicht nur "vertretbar", sondern nahezu "geboten"! Das Geld wird ja nicht verpulvert, sondern es werden Gegenwerte geschaffen.

Dabei sollte es uns aber nicht nochmal, wie im letzten Jahr passieren, dass wir aus formalen Gründen beinahe die Möglichkeit eines zinslosen Darlehens aus dem Bundessonderprogramm nicht nutzen können, nur weil wir vor lauter Sparsamkeit nicht einmal prophylaktisch eine Kreditermächtigung vorgesehen hatten. Sparsamkeit kann auch kosten.

Der Haushalt weist sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite Unsicherheiten auf. Darum ist es gut, dass das Rücklagenpolster nicht komplett bis zur Mindesteinlage verplant ist, sondern ein Notgroschen (900.000€) erhalten bleibt. In den Haushaltsberatungen wurde intensiv darüber nachgedacht, wo noch Einsparungen möglich sind. Sinnvolles, aber Schiebbares wurde geschoben, Notwendiges trotzdem vorgezogen.

Zwei kleine Beispiele: Die Umgestaltung der Hauptstraße im Althengstetter Ortszentrum wird es trotz hoher Planungsreife vorerst nicht geben. Gut ist aber, dass die handtuchbreite Engstelle des Gehweges  in der Hauptstraße endlich beseitigt wird, und somit eine Gefahrenstelle entschärft ist. Für den Wunsch der Verwaltung eine elektronische  Arbeitszeiterfassung zu beschaffen, fand sich zum Verdruss des Hauptamtsleiters keine Mehrheit. Aus unserer Sicht ist das Geld bei der Feuerwehr dringlicher nötig, um eine Software zu beschaffen, mit der sich die Organisation der Rettungseinsätze verbessern lässt.

Flüchtlinge

Zu den größeren Planungsunsicherheiten im Haushalt gehören die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung. Es ist noch nicht klar, in welchem Umfang vom Bund / Land mit Erstattungen zu rechnen ist. Die Verhandlungen mit den Kommunalverbänden laufen ja noch. Aber den Verlautbarungen zufolge gibt es keinen Grund daran zu zweifeln, dass auch hier auf der Einnahmenseite noch etwas passieren wird.
Nachdem im letzten Jahr überwiegend die Kommunen mit den Gemeinschaftsunterkünften gefordert waren, sind aktuell verstärkt die Kommunen in der Verantwortung, die sich um die Anschlussunterbringung kümmern müssen. Dazu gehört Althengstett.

Es ist ein Segen, dass sich in Althengstett in allen Teilorten zahlreiche Ehrenamtliche gefunden haben, die mithelfen, dass sich die Flüchtlinge schneller zu Recht zu finden. Diese Helferinnen und Helfer leisten für die Flüchtlinge, aber auch für die Gesellschaft unverzichtbare Dienste. Dafür großen Dank.

Integration findet vor Ort statt und es muss unser gemeinsames Interesse sein, das diese gut gelingt. Dies wird erleichtert, wenn wir die Flüchtlinge vernünftig mit Wohnungen versorgen. Bis jetzt hat das einigermaßen geklappt. Aber wir müssen weiter darauf achten, dass nicht durch übertriebenes Ausreizen der gesetzlichen Mindeststandards, etwa der Belegungszahlen, unnötige Konflikte entstehen.
Dabei ist sicher zu unterscheiden, ob es um eine kurzfristige Notunterbringung geht - wo die Alternative die Turnhalle wäre, oder ob wir Menschen absehbar in längeren Wohnverhältnissen unterbringen müssen. Hier kann man dann nicht mit 4,5m² / Person rechnen und glauben, dass dies ohne Probleme funktioniert. Als Gemeinde sollten wir die Unterbringungsangebote so gestalten, dass auch Personen mit Bleibeperspektive, insbesondere Familien aufgenommen werden können.  

Die Wohngebäude, die aktuell für das Bahnhofsareal in Planung sind, werden die Nutzungsmöglichkeit für Familien ja auch mit vorsehen.  
Mit dem Bahnhofsareal als Standort tue ich mir immer noch sehr schwer. Der Standort kam aus der Not heraus in die Diskussion, scheinbar wegen fehlender Alternative. Für mich ist das hinter den Gleisen versteckte Gelände, mit seiner nicht ganz unproblematischen Zuwegung – vorsichtig ausgedrückt, eher ein Integrationshindernis. Dort befanden sich schon einmal Asylunterkünfte und es war nicht immer gut. Außerdem sind die Erschließungskosten bisher ziemlich unklar und aus meiner Sicht unterschätzt.

Wenn sich irgendwo noch eine Alternative ergeben könnte, sollte man nicht zögern, das Bahnareal als Standort zu überdenken. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass es in Althengstett viel zu wenig bezahlbare Mietwohnungen gibt. Diese Situation war schon lange so, bevor Flüchtlinge zu uns gekommen sind und sie wird nun nicht einfacher.

Wir haben in den letzten 30 Jahren viele Baugebiete ausgewiesen und bebaut – vorwiegend mit Einfamilienhäusern. Aber – und das sage ich auch selbstkritisch - der Mietwohnungsbau ist ziemlich vernachlässigt worden. Wir müssen dieses Thema dringend anpacken, ggf. auch gemeinsam mit Initiativen, die vielleicht jetzt über den Kreis angestoßen werden. Jeder neue Bebauungsplan sollte grundsätzlich auch den Bau von Mehrfamilienhäusern vorsehen. Ich denke da z.B. an die Brunnenstraße in Neuhengstett.

Neue Ortsmitte Ottenbronn

Die neue Ortsmitte in Ottenbronn ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Bürgerbeteiligung, auch wenn dies manchmal mühsam sein kann und an Grenzen stößt. Nicht nur weil die Geschmäcker und Prioritäten der Beteiligten verschieden sind. Auch weil die zur Verfügung stehenden Mittel manch schöner Idee entgegenstehen. Am Ende muss eine Entscheidung getroffen werden. Darum muss von allen Beteiligten Bereitschafft zum Kompromiss mitgebracht werden.

Wir sind jedenfalls der Auffassung, dass durch die intensive Diskussion mit der Bürgerschaft jetzt eine gute Lösung entwickelt werden konnte, die es sonst so nicht gegeben hätte. Wenn selbst der Landschaftsplaner zugibt, dass der von der Arbeitsgruppe überarbeitete Plan nun besser sei, als sein erster Vorentwurf, darf man von einer gelungenen Lösung ausgehen. Das Vorhaben in Ottenbronn muss nun zügig zu Ende gebracht werden. Aus unserer Sicht ist es Bedauerlich, dass bisher die Kreisstraße planerisch nicht eingebunden worden ist.

Waldkindergarten

Wenn es nach Simmozheim gegangen wäre, würde der Waldkindergarten schon längst Geschichte sein. Die Gemeinde Althengstett hat über mehrere Jahre wirklich redlich versucht dieser Einrichtung eine Chance zu geben. Auch die SPD Liste hat sich sehr dafür eingesetzt, dieses vom Grundgedanken her gute Projekt nicht vorschnell zu kippen. Vor einem Jahr wurden nochmals Rahmenbedingungen festgelegt, unter denen der Gemeinderat  sich einen Weiterbetrieb vorstellen könnte: Ohne in die Details gehen zur wollen: Es zeichnet sich leider ab, dass die für den Weiterbetrieb erforderlichen Voraussetzungen nicht dauerhaft erfüllt werden können.  

Das Hauptproblem am eingruppigen Waldkindergarten ist der überproportionale Personalaufwand. Die 2 Fachkräfte fehlen uns an anderer Stelle und müssten jetzt zusätzlich eingestellt werden. Das sind 100.000€ im Jahr zusätzlich. Am Engagement der Eltern lag es wirklich nicht. Sie haben einen Förderverein gegründet, Vieles versucht den Kindi zu retten, aber es ist leider nicht gelungen eine tragfähige Auslastung hinzubekommen. Bei aller verständlichen Enttäuschung, bitte ich die Eltern anzuerkennen, dass es sich die Gemeinde nicht einfach gemacht hat und versucht hat eine tragfähige Lösung zu finden.

Falls sich die „Freunde und Förderer des Waldkindergartens“ nun doch entschließen würden, die Einrichtung in Eigenverantwortung zu betreiben – und die Signale gehen in diese Richtung – dann muss die Gemeinde sie dabei unterstützen und diesen Kindergarten in den Bedarfsplan aufnehmen. Er würde selbstverständlich die ihm zustehenden Zuschüsse erhalten.  

Dank

Die SPD-Liste bedankt sich sehr herzlich bei Herrn Bürgermeister Dr. Götz und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der gesamten Verwaltung sowie bei den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, für die stets gute kooperative Zusammenarbeit. Ich persönlich bedanke mich besonders bei unserer Kämmerin Frau Schmid, für ihre geduldige Beantwortung meiner manchmal nervigen Fragen, im Vorfeld der heutigen Veranstaltung.

Eines fehlt noch: Die Aufgaben sind gewaltig und die Zahlen groß, aber sie sind in sich stimmig. Ja, wir schaffen das. Deshalb stimmen wir dem vorgelegten Haushalt 2016 zu.   

 

 

Saskia Esken, MdB

Die SPD im Kreis Calw